Alles, was ich hier schreibe, ist als meine persönliche Meinung zu betrachten. Im engeren Sinne ist es eigentlich nicht einfach nur eine festgesetzte Meinung, sondern mehr ein Gedankengang. Daher werden sich die Texte immer wieder ändern, meine Ansichten möglicherweise auch. Ich schreibe diese mehr im Sinne eines Blogs als eines eingefrorenen Romans.
Die Texte spiegeln meine Lebenserfahrung im allgemeinen und die Erfahrungen aus den letzten 10 Jahren im besonderen wider. Sie reflektieren die Erkenntnis, dass sich unsere Gesellschaft und die Demokratie in eine Sackgasse begeben haben, wo sie nicht hingehören. Ich habe immer noch die Hoffnung, dass wir sie da gemeinsam auch wieder rausbekommen. In sofern kann man mich gerne als Skeptiker bezeichnen, aber meine Hoffnung ist mindestens genauso groß wie meine Skepsis.
Ich habe immer noch die Hoffnung, dass wir das gemeinsam hinbekommen, denn die Deutschen im besonderen aber auch die Menschen im allgemeinen können vor lauter Materialismus und Individualismus nicht so blind sein, dass sie nicht sehen, was alles nicht mehr passt in dieser Welt. Daran müssen wir arbeiten und dazu erlaube ich mir, meine Gedanken wiederzugeben.
Die meisten meinen ja, dass Freiheit bedeutet: Ich kann tun und lassen, was ich will. Alles, was ich mir leisten kann, leiste ich mir auch. Verantwortung kann ich abgeben, es wird sich schon jemand kümmern, im Zweifel der Staat. Und überhaupt entlastet mich der Staat von allem Lästigen. Na dann: Träumt weiter!
Das Gegenbeispiel ist der Over-Tourism: Was habe ich von meiner angeblichen Freiheit, wenn alle gleichzeitig an den gleichen Ort fahren und sich damit gegenseiti jeden "Genuss" von Freiheit nehmen. Das ist klassische Un-Freiheit. Man sieht, dass man hier die allgemeine Freiheit beschränken muss, um einigen (wenigen) dann die richtige Freiheit zu schenken - gönnen - lassen. Und jeder ist halt mal dran.
Wenn man also Freiheiten beschränken muss, weil man sonst keine individuelle Freiheit mehr findet, dann kann das aber nicht einfach nur nach dem Prinzip "Marktwirtschaft" (wer mehr zahlt, der darf), "Schnelligkeit" (wer zuerst kommt, darf zuerst) oder gar Vettern-Wirtschaft gehen. Nein: Es muss auch so etwas wie eine zufällige Chance geben, also eine Art Warteliste mit gleicher Chance für alle, die sich interessieren. Im übrigen muss man im Beispiel Tourismus natürlich auch noch die Anrechte der Anwohner berücksichtigen.
Es gibt also einiges nachzudenken zum Thema Freiheit. Manchmal - ich glaube sogar: meistens - entsteht die Freiheit des Einzelnen heutzutage leider nur noch durch die Beschränkung der Freiheit der Masse. Auch da müssen wir massiv umdenken. Technisch gesehen liefern die Möglichkeiten der Digitalisierung ideale und einfache Möglichkeiten, diese "neue" Freiheit bestens zu organisieren.
So wie die zwei Jungs aus diesem fiktiven Fenster sehnsüchtig rausschauen, so scheinen viele Deutsche immer sehnsüchtig - ja fast fluchtartig - aus ihrem Alltag in Richtung Ferien- und Urlaubszeit zu schauen. Nun sei jedem sein Urlaub gegönnt - das ist hier nicht das Thema. Aber man kann sich schon mal fragen, ob unser Alltag denn wirklich so schrecklich ist, dass wir uns immer daraus wegsehnen müssen. Und wenn das so ist, warum ändern wir dann nichts daran? Man muss ja zu Hause oder in seinem Alltag nicht rund um die Uhr rumchillen, aber vieles hat man doch selber in der Hand. Vielleicht fehlt es manchmal am Mut, Veränderungen so einzuleiten, dass man sich zu Hause und im Alltag auch wohlfühlt. Dann muss man auch nicht mehr flüchten.
Und dann ist das ja auch so, dass sich viele nicht nur in den Urlaub "flüchten" sondern auch in erträumte Doppel-Leben. Als Sportler, als Musiker, als Künstler oder mit sonst was für Hobbies. Wer dauernd flüchten muss, der macht was falsch mit seinem Job. Und das gilt natürlich nicht nur für Jobs, die vermeintlich unangenehm sind, das gilt auch für viele Manager und Top-Manager. Denn die Flucht in Top-Villen und Protz-Autos ist nichts anderes als die Flucht in eine Traumwelt hinaus aus der Langeweile der angeblich großen Verantwortung.
Das ist also ein Appell dafür, individuell sein Leben und seinen Job so zu gestalten, dass man sich darin wohlfühlt und nicht dauernd in irgendein Doppel-Leben flüchten muss. Das ist gut für den Einzelnen und gut für das Klima. Denn dann braucht man sich nicht so viel Traum-Welt zu kaufen, spart eine Menge Geld und schont das Klima durcht Nicht-Produktion von etwas, was man eigentlich nicht braucht.
Viele haben es schon verstanden und praktizieren es. Viele machen es aber noch nicht. Vielleicht weil es einem peinlich erscheint, man nicht einfach hierarchisch agieren kann oder weil man schlicht noch nicht drüber nachgedacht hat. Aber das Ehrenamt ist eine verdammt wichtige Sache. Vieles in Deutschland wird wahnsinnig gut bezahlt - Juristen, Banker, Betriebswirte etc. Aber die wichtigsten Aufgaben werden garnicht oder nur sehr bescheiden bezahlt: Die Ehrenämter.
Daher sollte man mal über einen neuen Ansatz in unserer Gesellschaft nachdenken und die vermeintlich wichtigen Jobs reduzieren und weniger honorieren und die vermeintlich unwichtigen Jobs besser entlohnen und attraktiver machen. Also. Ehrenamt stärken, Unnötige Jobs abbauen.
Das reduziert Bürokratie, Hierarchie, Hemmnisse und Demotivation. Das stärkt gesellschaftlichen Zusammenhalt, Demokratie und soziales Miteinander. Da müssen wir umdenken, und zwar radikal!
Wenn man versucht, es allen in allem gerecht zu machen und allen gerecht zu werden, dann führt das am Ende immer wieder zu weiteren Ungerechtigkeiten. Das nenne ich "über-gerecht". In Deutschland ist das so, das diese Form der Über-Gerechtigkeit zu einer Lethargie in allen Lebensbereichen führt. Das ist wie ein Gift für den Körper. Am Ende führt es zum Tode und da befindet sich unser Land leider schon.
Es war mir eine Ehre, eine Kanzelrede in der Christuskriche zu Meerbusch-Büderich halten zu dürfen. Leitthema war die Jahreslosung "Suche den Frieden und jage ihm nach!".
Hier finden Sie meine Rede: Kanzelrede Ralph Jörgens